Das Problem: Durst und nur zwei Flaschen am Rad

„Nimm Dir Essen mit, wir fahren nach Brandenburg“ titelte Rainald Grebe in seinem zur innoffiziellen Hymne avancierten Brandenburg Lied. Zweifellos ist man gut beraten, sich eine Stulle extra einzupacken, wenn es nach Brandenburg geht, denn kulinarische Hochgenüsse erwarten einen dort selten.

Gerade im Hochsommer drängt sich allerdings noch ein ganz anderes Problem auf, das sich weitaus schwieriger lösen lässt: Wassermangel. Denn während man Extrakalorien ganz passabel am Rad unterbringen kann, ist die mitführbare Wassermenge beim klassischen Setup auf zwei Flaschen à 0,75l begrenzt. Legt man im Sommer einen durchschnittlichen Wasserbedarf von 0,8l/h pro Stunde zu Grunde, kommt man mit zwei Flaschen daher nicht allzu weit. Die wenigstens von uns haben jedoch persönliche Wasserträger oder ein Teamfahrzeug dabei, das Nachschub anreicht.

Auf langen Geländetouren in abgelegene Ecken muss zudem anders geplant werden. Besonders bei Bikepackingtouren mit Übernachtung will auch noch ans Nudelwasser am Abend und den Kaffee am nächsten Morgen gedacht sein.

Einfach mal am nächsten Supermarkt anhalten und Wasser zu kaufen ist in der weitläufigen Steppen- und Wüstenlandschaft Brandenburgs jedoch oft leichter gesagt als getan. Schöne Ausflugslokale sind rar gesät und Supermärkte von abgelegenen Orten im Gelände aus oft nur schwer zu erreichen, an Sonn- und Feiertagen haben sie ohnehin geschlossen. Bäckereien ist das Auffüllen von Radflaschen oft verboten und manch Café wies auch schon zahlende Kundschaft darauf hin, dass die Wasseruhr läuft und Wasserzapfen extra kostet (unklar bleibt wie und in welcher Währung man eigentlich 0,016 Cent zahlen soll).

Die oft zur Misanthropie neigenden Anwohnerschaft aus Brandenburg möchte man auch eher ungern um etwas Wasser bitten.

Was also tun, wenn man eine Rekordfahrt ohne Pausen plant, oder einfach nur Durst in Brandenburg hat?

Die Lösungswege: Wasser finden und mehr Wasser mitführen

Grundsätzlich gibt es hier einerseits die Möglichkeit Wasser unterwegs zu finden und andererseits die Möglichkeit mehr Wasser mitzuführen. Bestenfalls kombiniert man beide Optionen.

Trinkbrunnen, Quellen

Berlin baut aktuell das Angebot öffentlicher Trinkbrunnen stark aus, beliebt sind besonders jene im Grunewald. Eine Übersichtskarte der Berliner Wasserbetriebe verzeichnet die Brunnen vollständig (ist aus aktuelle Anlass jedoch offline). Brandenburg bietet noch kein vergleichbares Register. Verzeichnet sind Brunnen aber auch über das Berliner Stadtgebiet hinaus im Kartenmaterial von OpenStreetMap.

Mit einer vordefinierten Abfrage lässt sich ein begrenztes Gebiet hier auch gezielt nach Brunnen durchsuchen. Die Suchergebnisse kann man anschließend als Wegpunkte, bzw. ‚Points of Interest‘ in eine .gpx Datei integrieren.

Trinkwasserquellen auf OpenStreetMap

Supermärkte und Tankstellen

In ähnlicher Wiese lassen sich Supermärkte und (24h) Tankstellen abfragen, oder gleich beides.

Friedhöfe

Einen Friedhof gibt es auch im entlegendsten Dorf, den gestorben wird überall und zu allen Zeiten. Jeder Friedhof hat jedoch auch öffentlich zugängliche Wässerhähne, damit Angehörige Wasser zur Grabpflege entnehmen können. Es handelt sich hierbei fast immer um normales Leitungswasser und die Leitungen sind unbedenklich, da sie oft genutzt werden. Sofern Schilder nicht ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Wasser ungenießbar ist, kann man hier also einfach seine Flaschen auffüllen. Auch Friedhöfe sind bei OpenStreetMap zu finden. Zu beachten ist, dass man sich dem Ort angemessen pietätsvoll verhalten sollte und besser wenig frequentierte Friedhöfe aufsucht.

Friedhöfe auf OpenStreetMap

Zusätzliche Flaschenhalter

Viele aktuelle Rahmen weisen inzwischen zusätzlichen Montagepositionen für dritte und vierte Flaschenhalter auf. Sollte Euer Rahmen diese Möglichkeit noch nicht bieten, gibt es allerdings auch Adapterlösungen wie z.B. den „Topeak Versa Mount“, die „Elite VIP Universalbefestigung für Flaschenhalter“ oder den unten am Rad zu sehenen „Wohoo Stabilizer“. Letzterer ist theoretisch eine tolle Idee, brach in unserem Kreis jedoch bereits des öfteren, außerdem scheuert er an der Satteltasche und man läuft man beim Auf- und Abspringen Gefahr die exponiert am Sattel anliegenden Flaschen zu touchieren.

Wasserfilter

Wasserfilter sind, unter den hier vorstellten Möglichkeiten, wohl die exotischste. Es gibt allerdings sehr kleine, leichte (unter 150g) und zudem günstige Exemplare, was ihre Anwendung durchaus praktikabel macht. Solche Modelle lassen sich bei sorgsamen Umgang über Jahre hinweg wiederverwenden und filtern 99,99999% aller Bakterien und 99,9999% Protozoen aus dem Wasser. Theoretisch kann man damit also aus jeder Pfütze trinken, praktisch sollte man eher Wasser aus einer kleinen Grube direkt neben einem See oder Fließgewässer entnehmen. Chemische Verunreinigungen und Viren können diese Arten von Filtern allerdings nicht aufhalten. Man kann viele Wasserfilter auch direkt mit einer Trinkblase kombinieren.

Rahmentasche mit Trinkblase oder Faltflasche

Neben klassischen Trinkflaschen, könnte Ihr auch Faltflaschen oder Trinkbeutel mitführen. Diese passen je nach Größe in Fullframebags oder auch kleinere Rahmentaschen. Weiterhin gibt es natürlich Trinkrucksäcke und Hüfttaschen. Ein Neoprenschlauch isoliert etwas, so friert der Schlauch im Winter nicht zu und heizt sich im Sommer nicht zu sehr auf. Falls nicht nur reines Wasser eingefüllt war, empfiehlt sich die Aufbewahrung der entleerten Blase im Gefrierfach, so haben Pilze keine Chance und die aufwendige Reinigungsprozedur entfällt.

Wassertank

Eine neue Lösung aus dem australischen Outback könnte gerade für Overnighter und die Langstreckenrenner interessant sein. Die Firma Adventurehydration hat einen kleinen Tank entwickelt, der sich unten ins Rahmendreieck schnallen lässt und bis zu vier Liter fasst. Der Vorteil dieser Lösung besteht auch darin, dass man bereits vorhandene kleine Rahmentaschen weiterverwenden kann und nicht zwingend eine Fullframebag benötigt.

Acht Gläser Wasser pro Tag, aber kein Glas zuviel

Es gibt also durchaus eine Vielzahl von Möglichkeiten sich in der Wüste Brandenburg mit Wasser zu versorgen, sodass nun hoffentlich niemand mehr Anlass zu dem Ausruf „Lassen Sie mich durch, ich bin Chirurg“ geben muss, da sie oder er kurz vorm Verdursten steht. Aber Vorsicht: es gibt tatsächlich auch „Wasservergiftungen“ durch übermäßigen Wasserkonsum. Also übertreibt es nach unseren Tipps nicht und beherzigt auch jenen von Herrn Lehman: „Denkt an die Elektrolyte!“ Denn Elektrolytmangel ist bekanntlich der größte Gegner aller Alkoholiker und zugleich der größte Gegner aller Sportler.

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