Weiter geht es mit meinem Bericht zum Bikepacking Adventure Sweet16, wer Teil 1 noch nicht gelesen hat, schaut hier.

Tag 4: Spessart / Eselsweg – Heidelberg – Speyer

293,2 km / 3.311 hm

Das Aufstehen ohne Wecker klappt auch diesen Morgen wieder problemlos, kurz vor 6 Uhr bin ich wach. Bisher reichen mir sechs Stunden Schlaf vollkommen. Wanderer sind auf dem Parkplatz noch nicht eingetroffen, ich packe meine Sachen zusammen und rolle um 06:20 Uhr los. Und damit beginnt sie wieder, die morgendliche Suche nach dem Frühstück. Bei der Tankstelle in Bad Brückenau gibt es noch keine belegten Brötchen in der Vitrine, ansonsten gibt es in dem Ort nur Kurhotels, also weiter. Es geht den ersten längeren Anstieg hinauf nach Züntersbach, aber auch hier tote Hose, was ein Frühstück angeht und auch sonst. Aber in Sterbfritz kommt endlich ein Rewe in Sicht. Ich gönne mir ein großes Frühstück und nehme gleich noch etwas Verpflegung für den bevorstehenden Eselsweg mit, hier soll die Versorgungslage mal wieder etwas dünner sein.

Auf dem Eselsweg

Der Eselsweg ist eine alte Handelsroute die über 110 km durch den Spessart von Schlüchtern bis Großheubach verläuft, dabei bewegt man sich größtenteils auf einer Höhe von 400 – 500 m und vermeidet die steilen An- und Abstiege in die Täler. Es geht abwechslungsreich voran, teilweise auf Asphalt, auf breiten Schotterwegen oder kleineren Trails. Die Bäume spenden angenehmen Schatten. Nach dem Überqueren einer Autobahn ist plötzlich ein Teilabschnitt wegen Forstarbeiten gesperrt, aber eine Umfahrung bringt mich bald wieder zurück auf den Track. Einmal verpasse ich einen Abzweig, rausche auf dem breiten Schotterweg rasant talabwärts, muss dann aber bald wieder alles hinauf kraxeln. Mit dieser kleinen Extraschleife habe ich mir die damalige Bedeutung des Eselswegs selbst vor Augen geführt 🙂

Die erste Mittagspause mache ich heute auf einer Lichtung des Eselswegs und habe sogar noch ein Bier vom Vorabend übrig. Ganz stilvoll eine Dose Becks im Spessart geleert 🙂 Am Nachmittag ist dann der Eselsweg geschafft und weiter geht es auf Straßen Richtung Westen. Es folgt noch ein langer aber gemächlicher Anstieg von Amorbach hoch nach Mudau, auch dieser nimmt mal ein Ende und ich lege eine zweite Mittagspause ein, mal wieder Pizza beim Dönermann.

Gut gestärkt rolle ich hinab Richtung Heidelberg, der Track folgt dem Neckar, ich befinde mich mal wieder auf bekanntem Terrain. Zum Heidelberg Triathlon und Halbmarathon war ich schon öfters hier unterwegs. In Heidelberg genieße ich kurz die Abendstimmung am Neckar bei einem leckeren Bier. Interessant ist, dass die Bierauswahl an Tankstellen in größeren Städten generell variantenreicher ist als in Kleinstädten, dort gibt es oft nur die üblichen großen Brauereien.

Auf kleinen Rad- und Feldwegen geht es flach hinaus aus Heidelberg Richtung Speyer. Hinter Speyer erblicke ich dann plötzlich ein sehr geräumiges, offenes Gebäude direkt neben dem Radweg. Ich schaue mir die Location kurz an und beschließe, die Tour für heute zu beenden. Ich hätte noch ein Stündchen weiter rollen können, aber so spare ich mir die weitere Suche nach einer geeigneten Unterkunft. Ich schiebe zwei Bänke zusammen, habe damit ein geräumiges Bett und breite mich über einen weiteren Tisch aus. Hier hätte man auch 100 Leute unterbringen können inklusive vier Grillplätzen / Kaminen 🙂

Tag 5: Süd- und Südwestpfalz – Saarland – Völklinger Hütte – Frankreich – Dreiländereck

267,5 km / 3.955 hm

In der geräumigen Hütte habe ich sehr gut geschlafen und wache eine Stunde später als üblich auf. Während ich gerade mit Sitz-Creme zu Gange bin, spaziert draußen eine Walkerin vorbei, da ihr Blick aber geradeaus gerichtet ist, nimmt sie mich nicht wahr 🙂 Kurz nach 7 Uhr sitze ich wieder im Sattel und rolle los.

Zunächst geht es flach durch mehrere Dörfer, aber eine Frühstücksmöglichkeit kommt nicht in Sicht, auch GoogleMaps sagt, dass nichts brauchbares entlang es Tracks liegt. Schon bald geht es hinauf in den Pfälzerwald, die Straße schlängelt sich malerisch entlang Modenbaches. Menschen habe ich heute noch nicht viele gesehen, zwei Reiterinnen und einen Forst-LKW kreuzen meinen Weg. Auf 500hm wechselt dann der Belag, es geht weiter auf einer Schotterhochstraße durch den Wald. Irgendwann erreiche ich auch wieder Zivilisation und in Hauenstein kommt endlich ein Bäcker und damit das Frühstück in Sicht. 70km bis zum Frühstück bleiben der Rekord auf dieser Tour.

Für die heutige Streckenführung geht ein großes Lob an Roman Baltes, sie beinhaltet zwar auch viele Offroad-Abschnitte, aber alles lässt sich gut mit dem Crosser fahren, man kommt gut voran und es gibt ein paar sehr schöne Aussichten über den Pfälzerwald.

bike with a view – Pfälzerwald

Kurz vor Rodalberhof verpasse ich einen Abzweig, beim Wiederhinuterrollen erwische ich einen großen Stein, der erste und einzige Platten auf dieser Tour. Aber den Durchschlag habe ich mir selbst zuzuschreiben, da habe ich heute morgen wohl doch zu viel Luft abgelassen. Also den Schlauchwechsel gleich mit einer Mittagspause kombiniert.

In Hornbach (nicht beim Baumarkt) mache ich noch eine weitere Pause, wieder mal beim Dönermann, aber wegen der Hitze heute geht nur eine Portion Pommes mit zwei kleinen Bieren. Bald kommt schon der Flughafen von Saarbrücken in Sicht und später geht es das erste Mal hinüber nach Frankreich. Kurz bevor es wieder zurück ins Saarland geht führt der Track einen schönen Trail zum Grab des 74. Regiments hinunter.

An der Völklinger Hütte wird der Checkpoint des Saarlands erreicht, an der dortigen Aral-Tankstelle tätige ich die Einkäufe für den heutigen Abend. Roman gibt mir noch einen Tipp für einen Schlafplatz in 20km Entfernung, das wäre aber noch zu früh für heute. Es geht nochmal rüber nach Frankreich und am Dreiländereck bei Schengen wieder zurück. Eigentlich sind Grenzschilder gar nicht notwendig, kaum bin ich wieder auf deutschen Straßen, werde ich um 23:30 Uhr auch schon von einem deutschen Autofahrer angehupt, warum ich denn nicht den Radweg nehme (der sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Dunkeln versteckt).

Ich rolle gerade den Moselhang hinter Sehndorf zwischen Weinreben hinauf, als ich plötzlich eine Bank erspähe. Die nehme ich als Nachtlager, bei einem herrlicher Blick über das dunkle Moseltal genieße ich mein Abendbier & -brot.

Tag 6: Trier – Mosel – Eifel – Koblenz

203,7 km / 3.070 hm

Heute wache ich wieder früh auf und sitze schon kurz nach 6 Uhr wieder auf dem Rad. Vorher genieße ich noch einmal den Blick hinab zur Mosel, die mich an diesem Tag noch länger begleiten wird. Das Frühstück gibt es heute wieder etwas früher, bereits nach 30km beim Bäcker in Tawern. Bald ist Konz erreicht und zunächst geht es flach entlang der Mosel bis Trier. Doch schon bald stehen wieder Höhenmeter auf dem Programm, es gilt die Weinberge linksseitig der Mosel zu erklimmen. Heute ist es nochmal deutlich heißer und in den Weinbergen gibt es nur wenig Schatten spendende Bäume. Das Tretlager knackt immer mehr, nicht nur im Wiegetritt unter Last sondern eigentlich ständig. Hier muss ich mir was überlegen, so geht das nicht weiter bis Berlin, ist ja gerade mal Halbzeit.

In Wittlich lege ich eine Eis-/Bier-Pause an einer Tankstelle ein, irgendwie wird das zu meiner Standardernährung die nächsten Tage tagsüber bei der Hitze werden. Hinter Hontheim geht es mit 15% bergab, aber die Freude währt nicht lange, kurz darauf muss der ganze Höhenverlust hinauf nach Kennfuss wieder gutgemacht werden.

Ab Mayen folgt der Track einem alten Bahndamm und es geht flach dahin, auch zwei Tunneldurchfahrten werden auf der alten Bahntrasse geboten. Koblenz ist nun nicht mehr weit, die Mosel kommt wieder in Sicht und schon bald ist der nächste Checkpoint das Deutsche Eck erreicht. Hier wäre bei einem Start in Münster eigentlich das Ziel gewesen.

Ich verweile nicht lange am Deutschen Eck, die Sonne brennt und wegen der Mischung aus Staub, Sonnencreme und Schweiß auf der Haut will ich schnell unter die Dusche. Zum Bahnhof sind es nur 3km und dort werde ich sicher ein Hotel finden.

Ich probiere, zunächst im GHotel direkt am Bahnhof einzuchecken. Als ich das Thema Fahrrad mit aufs Zimmer anspreche, verweist mich die junge Dame auf den Stellplatz im Innenhof. Auch meine Argumente – Wert / möchte meine Tour gerne morgen fortsetzen / kein sicheres Schloss / fünf Taschen am Rad / negative Bewertung – können sie nicht überzeugen. Sie hätte schließlich ihre Richtlinien …

Ich ziehe etwas genervt weiter zum nächsten Hotel, davon gibt es ja in Bahnhofsnähe genug. Beim Hotel Hohenstaufen frage ich direkt, ob ich denn mein Rad mit aufs Zimmer nehmen kann. Der freundliche junge Mann an der Rezeption hat dafür Verständnis, es kommen öfters Radfahrer mit teuren Rädern. Er gibt mir auch extra ein großes Zimmer, damit ich ausreichend Platz habe. Ich bedanke mich am Abend noch mit einem positiven Post auf Instagram und einer positiven Bewertung auf Facebook, die GHotel-Group kommt dabei nicht so gut weg.

Nach sechs Tagen on-the-groad ist eine Dusche die reinste Wohltat. Anschließend wasche ich noch alle meine Radklamotten und genieße anschließend ein umfangreiches Abendessen im Hotelrestaurant. Dabei finde ich auch endlich mal Zeit diverse soziale Kanäle zu befüllen bzw. Antworten zu geben. Mit Mark mache ich für den nächsten Vormittag noch einen Fahrradladen in Münster klar, der sich mein Tretlager mal anschauen soll.

Und dann brauche ich noch ein Zugticket, eigentlich war ich ja schon von Regionalzügen über Köln ausgegangen, aber die Bahn-App spuckt mir eine direkte IC Verbindung aus, die um 9 Uhr in Münster ankommt. Und sogar die Fahrradreservierung klappt noch am Abend vorher. Diese Freude wird aber nur bis zum nächsten Morgen währen, Fortsetzung dann im dritten Teil.

3 Responses

  1. Danke für den schönen Bericht Gerald, bin schon gespannt auf Teil 3. Das macht Lust, selbst mal wieder lange Strecken zu radeln. Echt der Hammer wie du die Kilometer und Höhenmeter abspulst! Das gute Bier scheint Dich zu pushen , sollte ich beim Radeln vielleicht auch mal probieren!

    Viele Grüße
    Michael

  2. Hallo Gerald, die Sache mit dem Spannungsbogen kannst du sehr gut, wann schreibst du ein Buch? Ich würde es kaufen:-)) Besonders diese ausgefeilte Ernährungsstrategie ist sehr interessant. So viel Bier habe ich in den letzten fünf Jahren nicht getrunken, ich glaube, ich sollte mal umstellen:-))
    Ich freue mich jedenfalls schon auf den dritten Teil.
    Viele Grüße und ride on
    Michael

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